Es ist schon spät, als ich in Nahualcali ankomme. Auf der Ladefläche eines Pickups bin ich hergefahren. Jorge läuft voraus. Der Halbmond erleuchtet den sandigen Weg, der durch wilde Maracujapflanzen führt. Jorge lächelt freundlich, drückt mir eine Lampe in die Hand. „Das ist deine Cabaña“, sagt er, und ich steige die Holztreppe hinauf. „Wow“, höre ich mich selbst staunen. So werde ich heute Nacht schlafen?!
Ich kann es kaum erwarten, ins Bett zu gehen. Das Dach der Cabaña ist mit Palmenwedeln gedeckt. Wände hat mein Zimmer nicht. Mein Zuhause ist von beiden Seiten offen, sodass der Wind hindurchraunen kann. Der Mond scheint auf mein Kopfkissen. Ich kann im Bett liegend Sterne zählen. Danke, sage ich leise. Und noch einmal: Danke.
Ich blinzele durch das Moskitonetz, die ersten Sonnenstrahlen wecken mich sanft. Mein Ausblick gleicht dem Traum, aus dem ich komme. Ich schließe wieder meine Augen und lausche den Vögeln. Dazwischen, wie ein Mantra, die Brandung und das Meeresrauschen.
Jorge hat sich hier ein Paradies erschaffen. Einer dieser seltenen Orte auf der Welt, von denen es nicht viele gibt. Nur 5 km vom Dorfzentrum Chacahuas entfernt ist sein geheimer Garten zu finden. Jorge lebt hier allein. Nur der Pitbull Willson, die Katze Sole und der Welpe Pricho leisten ihm Gesellschaft. Mit einer Machete in der Hand hat er aus einem Grundstück voller Gestrüpp, Stacheln und Kakteen einen Rückzugsort für Leute wie mich entstehen lassen.
Sein Tag beginnt um 6:00 Uhr morgens. Dann steht er bereits auf einer wackeligen, selbst gebauten Leiter, um das Dach eines Tipis zu decken. Strom gibt es noch nicht. Die Stadtverwaltung hat es bisher nicht geschafft, die Stromleitungen von Zapotalito hierher zu legen. Bis jetzt gibt es nur Sträucher, einen Generator, Feuer und aufladbare Lampen.
Yucca wächst hier. Außerdem Wassermelonen, Maracujas, Nopal, Ananas, Kokosnüsse, Moringa, Limetten und viele andere Pflanzen. Ich chille in der Hängematte und freue mich über meine Privilegien. Genügsamkeit macht es möglich, hier zu sein. Es zeigt mir, dass ich gar nicht so viel brauche. Selbst die zwei Shorts, die ich mitgebracht habe, sind zu viel Stuff und Stoff für diesen Ort.
Nahualcali: Im Einklang mit der Natur
Es ist ein Traumplatz, der mitten im Naturschutzgebiet liegt. Abends kannst du mit dem Kajak auf die Lagune raus paddeln und die Vögel beobachten, die hier zu Tausenden anreisen. Weiter draußen gibt es Krokodile, aber auch Gürteltiere, Nasenbären, Waschbären, Boas und vieles mehr. Von Jorge kannst du unglaublich viel über die Natur, die Umgebung und das Meer lernen. Er kennt sich super aus und gibt dir gerne hilfreiche Tipps. Außerdem spricht er Spanisch, Englisch, Deutsch und etwas Nahuatl. Das vereinfacht die Kommunikation. 😉
Was fasziniert mich an diesem Ort? Es ist die Ruhe. Nichts außer Naturgeräusche weit und breit – das Meer pausenlos, der Wind, der durch die Palmenrauten rinnt, die Vögel in allen Farben und Größen, die Eidechsen, die durch den Sand huschen. All das lässt mich unglaublich runterfahren – einzuschlafen und den Mondschein auf meinem Gesicht zu spüren, aufzuwachen mit der Sonne, die meine Füße kitzelt.
In solchen Momenten frage ich mich: Was mache ich verdammt noch mal in Deutschland? Wann haben wir uns dermaßen vom natürlichen Leben entfernt? Aber leben? Hier für immer? Ich weiß es nicht. Temporär? Mit Sicherheit.
Ich kann diesen Ort nur jedem empfehlen, der einmal wieder in Kontakt mit sich selbst und den fünf Elementen kommen möchte. Nahualcali ist außergewöhnlich und lädt dich ein, innere Reisen zu unternehmen.
Im Dezember, zu Neumond, werde ich hier ein RapYoga-Seminar für Frauen geben. Wer sich gerufen fühlt, ist herzlich eingeladen, daran teilzunehmen. Es gibt keinen besseren Ort, den ich mir vorstellen könnte, als dieses Sanctuario mitten im Naturreservat Chacahua.
2 Gedanken zu “Nahualcali – get disconected in Chacahua!”