Wildtierhandel

Privatzoos, Tiger und Narcos

Lass Narco Mexico aus dem Zoo

Privatzoos sind in Mexiko unglaublich verbreitet. Das Geschäft mit Tigern und Löwen ist nicht erst seit gestern ein Trend im Land. Großkatzen zu halten ist ein Teil von machistischer Narco-Kultur.

Ich saß unangeschnallt auf dem Rücksitz unseres Leihwagens. Die zahlreichen Topes wirkten deplatziert auf der von Schlaglöchern übersähten Sandstrasse. Wir kamen nur langsam voran. So konnte selbst ich – mit meinen 10 Jahren – das von Hand geschriebene Strassenschild gut lesen. Darauf war ein einfacher Tiger gemalt und in großen schlecht geschriebenen Buchstaben stand darauf „Zoologico Privado“. Und in dem Moment rief ich schon: „Papa halt an- ein Zoo!“

Ich liebe Tiere. Was soll ich sonst sagen?! Das war schon immer so. Vielleicht lag es daran, dass mir das von meinem Vater so vorgelebt wurde. Und ich kenne bis heute wenig Leute, die dergleichen bewandert sind, wenn es um Tierwesen geht.

Direkt an der Pazifikküste im Bundesstaat Guerrero, bogen wir von der unasphaltierten Hauptstrasse in einen sandigen Weg ein, der Richtung Strand führte und fuhren noch etwa 50 Meter bis wir den „Zoo“ erreichten. Es gab weder einen Eingang, noch Käfige. Ein Löwe, ein Jaguar und ein Tiger waren jeweils an einer Palme in Ketten gelegt. Begrenzt war der Bereich nur mit Seilen, Büschen und niederen Betonwänden. Gesichert war hier nichts. Keine Schutzmauer.

Meine Mutter stand mit meiner kleinen Schwester hinter der Absperrung und war kein bisschen begeistert und euphorisch wie wir. Weder der Mann, noch der Ort waren ihr geheuer, geschweige denn sympathisch. Dass ich später von einem der Affen zerbissen wurde und mir strömend das Blut am Hals, den Händen und den Armen herunterlief, war für meine Mutter eine zusätzliche Bestätigung, dass wir uns hier an einem Ort ausserhalb der Gesetzeslage befanden. ( ich hab bis heute Narben von dem Affen- und noch eine aussergewöhnliche Geschichte dazu- aber nicht hier und jetzt.)

Tiger und Löwen normal angekettet wie Wachhunde

Der Mann, dem die Tiere offensichtlich gehörten, fuchtelte mit den Armen und rief: „Foto! Foto! komm, komm! Rapido“. Mein Bruder und ich waren begeistert, und sprangen auf unsere Eltern zu, ein „Nein“ würden wir nicht akzeptieren. So entstand 1993 mein erstes Foto mit einem Löwen.

Nach zwei Jahren kehrten wir an die mexikanische Westküste zurück. Der „kleine“ Privatzoo war in ähnlich traurigem Zustand, wie wir ihn 1993 verlassen hatten. (siehe Foto) Eine riesige Python sah mitgenommen aus und dem etwa 2.5 meter langem Krokodil in einer winzigen wanne war das Maul zugeklebt.

Wir streunten über das Gelände. Etwas abseits von den Vorzeigetieren, tummelten sich etwa 15 Löwen auf einem kleinen lieblosen Gelände mit hohem Drahtzaun. Zu viele von ihnen waren es, unruhig und abgemagert wirkten sie. Hungrig, wild und verwahrlost. Es war offensichtlich, dass ihr Anblick nicht für Touristen oder Besucher bestimmt war. Als der Besitzer merkte, dass wir die Löwen entdeckt hatten, wurde er aggressiv, wir sollten verschwinden. 

Wieder zwei Jahre später war von dem Zoo nichts mehr übrig. Was aus dem Mann und den Tieren geworden ist, habe ich nie erfahren.

Ob Wildtiere legal oder illegal beschafft wurden, ist nicht nachvollziehbar

Dein Nachbar hat einen Papagei? Normal. Aber woher wissen wir, welche Tiere aus Zucht oder Wildfang kamen? Wildtierhandel ist omnipräsent. Auch wenn du ihn nicht offensichtlich siehst, wie das Kokain in der Uni-Toilette. Wer sich nicht damit beschäftigt, hat keine Ahnung, was an den Flughäfen, hinter Privattüren, oder in legalen Vergnügungsparks abgeht. Aber spätestens nach Tiger King ist Tierhaltung und Kriminalität enger zusammen gerückt.

In Mexiko ist es legal einen Tiger als Haustier zu halten, in Deutschland übrigens auch. Europa ist mit der Hauptumschlagplatz für den internationalen Handel mit Wildtieren. Die Dokumente für die „legale“ Beschaffung von exotischen Tieren ist mit etwas Schmiergeld oder den richtigen Kontakten kein Problem. Insbesondere der Onlinehandelmit Wildtieren hyped. Die Preise schwanken je nach Händler und Herkunft der Tiere. 

Der Trend, ist seit der Netflix Serie „Tiger King“ sogar gestiegen. Durch die Corona Pandemie hat die Wildererei und Wildfang zugenommen. 2020 wurden in Ixtapalapa Mexico City zahlreiche Tiere beschlagnahmt.
Weltweit gibt es etwa noch 3890 freilebende Tiger, wie aus der Zählung des WWF hervorgeht, in Gefangenschaft leben schätzungsweise 20.000, wobei die Dunkelziffer höher geschätzt wird. Bei diesen Zahlen sind die Zuchtfarmen, in denen Löwen und Tiger gezüchtet werden nicht inbegriffen. Über diese Tierfabriken gibt es wenig Informationen, mittlerweile gibt es Nachfrage nach Löwenfleisch in Restaurants und Märkten.

Allein in Mexiko’s Norden leben mehr Tiger als in ganz Indien

Im Frühjahr 2021 sorgt ein Foto im Netz für Aufruhr, als eine Frau mit ihrem Tiger an der Leine in einem Kaufhaus in Mexico City beim shoppen gesichtet wird. So, als sei ihr Anhang ein Chihuahua. 

Rapper und Narcojuniors lieben mit ihrem Luxus zu prahlen

Großkatzen bedeuteten schon immer Eleganz, Furchtlosigkeit und Stärke. Schon in der Antike galten die majestätischen Katzen als Machtsymbol für Könige und Pharaonen. Einen Tiger zu domestizieren löst in vielen Menschen ein Gefühl von Macht aus. Die Katze symbolisiert die Unantastbarkeit gegenüber dem Gesetz und seinen Autoritäten. Der Mensch will sich durch das domestizieren mit den Eigenschaften des Tieres rühmen. „Schau, wie reich, groß, krass ich bin. Ich fahre meinen sibirischen Tiger im Cabrio durch die Wüste– was willst du machen?!“

Man muss nicht reich sein, um sich einen Löwen oder Tiger zu kaufen

Zwischen 1000-2500 Dollar kostet ein Löwen- oder Tigerbaby. Für seltene Arten oder weisse Tiger- und Löwenwelpen liegt der Preis zwischen 5000 und 10.000 Dollar. Je nachdem, wer verkauft, wie schnell das Tier wegmuss, wie alt es ist, und welche Papiere mit ausgehändigt werden, schwankt der Preis. Diese Preise verlocken Kunden nicht selten zu Spontankäufen, aus reiner Ignoranz oder Naivität.

Wenn ein reinrassiger Dobermann, Pitbull oder Rottweiler ähnlich viel kostet wie ein süßes Löwenbaby, kommt es oft vor, dass sich irgendwelche Leute mal eben einen Löwen als Haustier anschaffen. Die Kosten, die für die Haltung und das Zusammenleben mit einem Raubtier entstehen, werden maßlos unterschätzt. (Wir haben es alle in Tiger King gesehen.) Und so landen die meisten der Tiere in den vielen Auffangstationen für Großkatzen und Wildtiere. Check hierzu den Artikel über die Fundacion Recica in Mexiko.

Willkommen in Narcos Mexiko

Narco-Culture in Mexiko hat eine lange Geschichte. Macht zu haben bedeutet in Narco-Kreisen alles. Waffen, Geld und gefährliche Tiere dienem dem Ansehen. Weil Narcos lieben Luxus.

Mexiko’s berüchtigter Rapper el Babo von Cartel de Santa, lädt Selfies hoch, wie er mit seinem schwarzen Panther schwimmen geht. In vielen Haushälten gibt es Wildtiere, seltene Reptilien oder Vögel. In Narco-Kreisen, sind Raubtiere gern gesehen, ein Rottweiler oder Pitbull ist eh Standart. Ein Tiger kommt krasser. Felinos machen sich gut auf Social Media, egal ob sie als Trophäe, Luxusgut oder als Drohmittel gegen befeindete Kartelle eingesetzt werden. Wer seine Macht nach aussen demonstrieren will, zeigt Money packs, Luxusautos, vergoldete Waffen und weisse Tiger.

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