Mal einen Tiger streicheln. Mit einem Tigerbaby spielen. Einmal Kontakt zu den majestätischsten Tieren der Erde haben… Der Traum von jedem, der Katzen liebt. Aber zu welchem Preis?
Sehr naiv fahre ich in einem Van mit nach Toluca, etwa 60 km entfernt von Mexico City in eine Auffangstation für mißhandelte Wildtiere. YouTube-Stars sitzen mit im Auto, Artists und andere Influencerinnen VIP´s. Eigentlich sollte Muelas de Gallo mitkommen, aber er hat einen anderen Termin. Der Ort ist nicht für jeden frei zugänglich, da die Organisation privat geführt wird. Wir haben eine Einladung bekommen, um auf die Misere der Tiere und den sehr verbreiteten Wildtierhandel in Mexiko aufmerksam zu machen.
Die Fundacion Recica ist auf Spendengelder angewiesen, deswegen sollen Artists ihre Reichweite nutzen. Nur leider geht es vielen nicht um den Wohlfahrtsgedanken. Die Exotik ist der Treibstoff. Und wer spielt nicht gern mit Löwenbabies?! Ich bin super aufgeregt.
Tigerbaby knuddeln – VIP´s only!
Die Tierauffangstation ist sonst nicht für Besucher zugänglich. Um die hohen Kosten zu decken, muss die Fundacion Recica seine Pforten öfter öffnen, als zu Beginn gedacht. Da die NGO auch auf Tierpatenschaften angewiesen ist, versucht sie durch solche Aktionen, neue Paten zu gewinnen, die dann zu Besuch kommen dürfen.
Zur Begrüßung ein Kuss von Jaguarbaby
Als wir ankommen, wird uns ein Aufklärungsfilm gezeigt, der die Problematik des Wildtierhandels beleuchtet, sowie einige individuelle Schicksale der geretteten Raubkatzen. Vielen Menschen fehlt das Bewusstsein, dass Tiere keine Ware sind. Dann bekommen wir ein schwarzes Jaguar Baby auf den Tisch vorgesetzt. Das zuckersüße und wunderschöne Kätzchen beschnuppert uns und wir dürfen es streicheln und mit ihm spielen. Aber es ist noch ziemlich klein.
Nach dieser ersten Begegnung geht es auf das Gelände und wir erhalten einen Eindruck von der Größe und dem Ausmaß der Rettungsstation. Omg es ist riesig. Ich kann gar nicht glauben, dass alle diese Tiere vorher in Privatbesitz waren.
Tiere aus der ganzen Welt
Zuerst füttern wir den Pavian, dem ein Arm fehlt, dann geht es zu Onyx, dem Löwen, dessen Hüfte operiert wurde, wir lernen Chabelo kennen, den Lieblingslöwen des Besitzers. Ich sehe, dass einige Tiere Narben haben, einem Tiger fehlt der Schwanz oder die Krallen. Ängstliche oder aggressive Jaguare hinter Gittern fauchend.
Mir wird das Ausmaß bewusst. Denn das hier ist nur ein kleiner Eindruck von den unzähligen Schicksalen, die der Mensch verursacht hat, um diese Tiere gefügig zu machen.
Foltermethoden als Strafe
Manchen der Katzen wurden Ohren, Schwanz oder Zehen abgeschnitten. Vielen wurden die Krallen gezogen. Für die Tiger und Löwen zieht das ein lebenslanges Leiden nach sich, da sich die Nervenenden nicht erholen. Aufstehen und Laufen ist dann nur noch unter Schmerzen möglich. Ausserdem führen zu kleine Käfige dazu, dass ihre Gelenke versteifen und die Muskeln atrophieren.
Dann geht es in den ersten Käfig. Es sind Jungtiere, manche sind Halbwüchsige. Wir dürfen sie füttern mit großen Fleischstücken.
Wieso sind hier so viele Tiere? Und warum gibt es so viele Jungtiere?
Ich bin erstaunt. Es ist einfach so krass und wir sind mittendrin. Woher kommen die Tiere? Warum hat die Fundacion Recica allein 180 Raubkatzen?
Zuerst war die Organisation nur auf die Rettung und Zuflucht von Großkatzen ausgelegt, wie Pumas, Luchse, Jaguare, Ozelote, Löwen und Tiger. Doch die NGO Fundacion Recica lehnte die anderen Tieren, die angeboten wurden nicht ab. Und so wurde die Palettenfirma Heimat von einem Grizzlybär, zwei Braunbären, einem Schwarzbär, drei Tüpfelhyänen, verschiedenen Affen, Lamas, Büffeln, Schweine, Füchse, Kojoten, und einem Wolf namens Michael. Mit der Zeit kamen Waschbären, Nasenbären, und sogar nachtaktive Nagetiere aus Madagaskar oder dem Amazonasbecken hinzu. Auch ausgesetzte Hunde gehören mittlerweile zur Recica Familie, die sich das Gehege mit Löwen und Tigern teilen, solange diese noch nicht ausgewachsen sind.
Was sich zuerst etwas ungewöhnlich anhört, ist hier fester Bestandteil der Politik. Viele der Tiere wurden jahrelang isoliert. Das führt zu einem gestörten Verhalten, Tiere vereinsamen zu lassen hilft, um sie zu kontrollieren.
Als Mexico Zirkustiere verbot, endeten viele als Teppiche und Potenzmittel
Die neue Gefangenschaft – Der Käfig nach dem Käfig
Als Mexico 2015 ein Gesetz erhob, was die Haltung von exotischen Tieren in Zirkussen verbot, schien dies zunächst als ein Fortschritt. Die Behörden hatten sich jedoch keine Gedanken gemacht, was aus den tausenden von Tieren werden würde, die zu den Zirkussen gehörten. Damals versuchten die meisten Halter, aus ihren Tieren Profit zu schlagen. So wurden die Tiere tot oder lebendig weiterverkauft und verwertet. (Mehr zum Thema)
Kein Weg führt in die Freiheit
Die freie Wildbahn ist für keines der Tiere je wieder in Aussicht. Das liegt daran, dass viele der Tiere bereits in Gefangenschaft geboren wurden. Ausserdem ist die Auswilderung ein teures und aufwändiges Prozedere, wozu den meisten Tierauffangstationen die finanziellen und zeitlichen Mittel fehlen.
Neben den vielen Zirkusweisen rettet die Fundacion Tiere aus privater Gefangenschaft.
Ohne die Zustimmung der Besitzer, haben sie keine Chance die Tiere aus Gefangenschaft zu befreien, denn die Organisation ist keine offizielle Autorität. Emilio und sein Team sind darauf angewiesen, dass mutige Nachbarn die Polizei verständigen, Beschwerden eingehen, oder die Halter sich selbst an die Organisation wenden. Doch in den seltensten Fällen läuft das reibungslos ab.
Ein toter Tiger verkauft sich teurer als ein Lebendiger
Die Ablösesumme für Tiere in Privatbesitz ist eine große Herausforderung für die gemeinnützige Organisation. So ein Befreiungsmanöver kostet viel Verhandlung, Zeit, Geld und Logistik. Und dann die medizinische Versorgung. Für die Einsätze fahren sie manchmal stundenlang mit dem Transporter in andere Bundesstaaten, um das Tier zu retten. Dabei kommen sie und die Tiere öfters in gefährliche Situationen. Nicht jeder Halter hält sich an den deal und nicht jeder hält sich an den ausgemachten Preis.
Es ist riskant, 3 Löwinnen von einem Dach oder einen ausgewachsenen Löwen aus einem Badezimmer in Gewahrsam zu nehmen. Auch wenn viele Besitzer Papiere für ihre Tiere haben, ist nicht bestätigt, dass es sich tatsächlich um ein registriertes Tier handelt.
Das Kilo Tigerknochen ist ähnlich teuer wie ein Tiger selbst. China zahlt. Interessanter Artikel hierzu in der NZZ. Auch die Jagd auf Löwen ist in einigen Ländern zugelassen. Hierfür werden Tieren gezüchtet, damit Touristen auf sie schiessen können. Dokumentation.
Ein Tigerkopf als Souvenir. Ein Fell als Teppich. Ein Accessoire für 4000 Euro oder ein schicker Mantel für 8000?
Tigerbabys im Streichelzoo
Obwohl die Auffangstation bemüht ist, den Wildtierhandel und seine Folgen zu bekämpfen, wundere ich mich überdies vielen Cups. Löwen, Tiger, Jaguare zuckersüß und zum knuddeln. Warum lassen sie zu, dass noch mehr Tiere in die Gefangenschaft hineingeboren werden?
Der Traum mit Tigerbabies zu spielen ist bezahlbar
Menschen zahlen für ein Foto mit einem exotischen Tier. Einen Babylöwen auf dem Arm zu haben, ist ein Lebenstraum für viele. Wegen der Nachfrage nimmt der Anteil an Zuchthäusern weltweit immens zu. Babycups Fotosessions sind in auf Social Media. Es ist sehr viel Geld mit Tigerbabies zu machen. Und es ist easy money für die Züchter mit wenig Risiko. Wer keine Skrupel hat, macht hier richtig Cash. Die erwachsenen Tiere werden zerlegt, ihre Knochen nach China und die Felle in die ganze Welt verschickt. Hier mehr zu dem Wildtierhandel.