Kirinus Tagesklinik k.o.

Fake Friends – Rausch, Sucht & Depression

Depression ist ne Bitch. Und was für eine. Der Suchtdruck ein richtiger Hurensohn. Die Sucht ist eine Scheinfreundin, mein Cannabiskonsum hat mir all die Jahre geholfen mit der Depression klarzukommen. Jetzt kämpf ich zwei Gegner gleichzeitig.

Warte, wie lange ist das jetzt her, dass ich nicht geraucht habe? Und ich rechne in meinem Kopf nach. Ich komme auf 4,5 Wochen, genau 30 Tage. Nicht schlecht. Natürlich gab es Zeiten, in denen ich nicht geraucht habe. Aber sehr rar. Meist bin ich nach 14 Tage auf die Annahme reingefallen, ich könnte ja nur heute einen chillen und dann wieder pausieren. Das geht nur nie so aus, wie ich es mir in Gedanken vornehme. Die Sucht begleitet mich, als wäre sie meine Freundin, sie ist eine Compañera.

Cannabiskonsum – wenn Freunde Feinde werden

Meistens falle ich auf die Verführung rein. Ich mache mir etwas vor, von dem ich denke stärker zu sein als mein Teufel. Einen rauchen und dann… noch einen… und dann vielleicht noch einen Sticky, nur ganz klein. Das ist für mich nicht gut. Und ich spreche klar für mich, es ist ambivalent halt.

Suchtklinik vs. Tagesklinik vs. Ambulante Therapie

Mir war klar, dass Condrops nicht ausreicht und die Chance einen ambulanten Therapieplatz zu erhalten standen bei 1%-Quote. Ich wusste, ich brauche Hilfe und es ging nicht primär um Drogenkonsum, sondern meiner allgemein madigen Verfassung. Also vamónos und rein in Operation Mental Health.

Mein Drogentest war negativ, das ist die größte Hürde für eine psychotherapeutische Klinik, wenn du Konsumverhalten hast. In der Suchtberatungsstelle wurde mir eine Suchtklinik für Frauen vorgeschlagen. Ich habe mit 6 Frauenkliniken Kontakt aufgenommen. Aber am Ende war mir doch klar, dass sich  meine Suchterkrankung auf die Depression zurückführen lässt. Also entschied ich mich für eine Psychotherapeutische Einrichtung und sagte mir, „wenn ich die Sucht nicht in den Griff bekomme, dann gehe ich in eine Suchtklinik.“ Ich entscheide.

Woche 5 in der Tagesklinik

Gestern war ein scheiss Tag. Heute ist beschissener. Heulen am Montag. Dienstag Nervenzusammenbruch in der Anstalt. Die letzten Tage waren anstrengend und zermürbend. Selbst mein Show-Auftritt am Wochenende war für mich reiner Stress und Kopfgeficke. Nix von Stardom und Queenfeeling. Ein Indikator dafür, dass es mir wirklich nicht gut geht. Wenn deine Leidenschaft zum Stressfaktor wird- zieh die Handbremse.

Depression frisst Leidenschaft und Freude

Der Joint am Abend hat mir scheinlich geholfen. Zum arbeiten, Musik machen, schreiben, Rappen, editieren, Sport machen, runterkommen, chillen. Hat schon was. Aber ich darf nicht. Mein Kopf lässt es ungut zu. Jetzt nicht konsumieren und mich intensiver mit meiner Biografie zu beschäftigen ist tough.

Wegen suchtgefährdet kein Tavor

An dem Tag des Nervenzusammenbruchs kam ich an der Co-Therapie nicht vorbei. Also bat ich die Krankenpflegerin um irgendwas zur Beruhigung der Nerven – a la gib mir ne fckn Tavor;-) Hab ich natürlich nicht bekommen. Wieso eigentlich nicht?
Weil ich unter „Patient mit Suchtthematik“ laufe. Es könnte natürlich auch als Vermeidungsstrategie oder Ablenkungsmanöver verstanden werden. Es wäre nicht das erste mal, Gedanken mit Substanzen abzuschalten;-)

Rausch & Sehnsucht

I want to get high- so high – Aber ich darf nicht. Ich bin mir sicher, dass nochmal ein Drogentest von mir verlangt wird, und es heisst: Frau Suchtpatient, kommen Sie bitte mit. Hier ist ihr Pissbehälter. Erinnert mich an meine Bewährungshelferin vor 17 Jahren. Ein unangenehmes Gefühl, beim urinieren beobachtet zu werden. Hier in der Klinik sind sie freundlicher. Wenn ich betrügen wollte, es wäre relativ easy. Aber im Endeffekt würde ich mich nur selbst anlügen. Die Therapie durchzuziehen, ist selbstbestimmt. Also bin ich all in.

Mittlerweile 7 Wochen clean. Augenzwinkernd so gut wie. Hab mal was getrunken, am Wochenende mit Ansage.
Erst jetzt fällt mir auf, wieviel ich davor getrunken habe. Und ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, der Tropfen fehlt mir nicht. Ich bin klar, aber nicht klarer. Alles schmerzt nur umso mehr. Therapie auf nüchternen Kopf zu machen ist geisteskrank – Freunde der Sucht;-)

Ohne zu kiffen vergeht die Zeit ab nachmittags sehr langsam. Ohne am Computer zu arbeiten ziehen sich die Stunden abends in die Länge. Ohne Kompanie kann es einsam werden, wenn ich abends zu Hause bin. Allein diese paar gequälten Zeilen aufs Blatt zu bringen ist ein Kraftakt. Kreativität gleich Taigalow. Mir fehlt up in smoke. Und mir fehlt Leidenschaft.

Ich liebe abends alleine zu Hause zu sitzen, YouTube Beats durchhören, freestylen, kleiner Mezcal auf der Seite und einen nach dem anderen rauchen. Voll und ganz mit mir sein, zeitlos mich mit Erfüllendem hingeben. Wie ich das vermisse – Soll es das wirklich gewesen sein? Echt jetzt?! Nie wieder in Ruhe chillen?! Nie wieder die Vorfreude auf MEINE Zeit?!

Depression vs. Gedrückte Stimmung

Die Depression ist eine Krankheit, kein freiwilliger Zustand. Das verstehen Aussenstehende oft nicht. Für sie ist es pure Negativität und Rumjammern. Eine Depression ist nicht gleich zu setzen mit einer depressiven Verstimmung im Sinne von einem schlechten Tag oder emotionalem Verhalten.

Schuld ist die Depression nicht das Opfer

Wenn es um depressive Verstimmung geht, kommt man leicht in eine Opferrolle. Menschen, denen es nicht gut geht, sind selfcentered. Die Gedanken kreisen um sich selbst. Im Auge des Sturms ist der Sturm nicht zu sehen. Oft verfliegt Negativität, wenn das Gegenüber darauf eingeht und sich die Person im Leid gesehen fühlt. Denn was sich der Depressive Geist wünscht, ist Verständnis für sein Leid.

Oft entstehen Opferrolle dadurch, dass extrem depressive Personen von ihren Liebsten oder ihrem Umfeld, nicht ernst genommen werden und sich dadurch noch weiter in ihr Leid stürzen. „Es geht mir schlecht und niemand sieht mich. Ich schäme mich, es ist nicht genug, niemand versteht mich, also bin ich nichts wert.“ Das führt in Endlosschleifen zu negativen Grundmuster. Das Ausmaß vom Problemausbau bestimmt, ob Betroffene ausgeliefert sind oder die Krise bewältigen können. Wer die Wahl hat, möchte kein Opfer sein. Und wer Opfer ist, dem kann geholfen werden – ausser du bist dumm. Richtiges Opfer halt.

Opfer wollen gesehen werden

Es ist sehr leicht zu urteilen und zu bewerten, wenn die Ausgangslage eine andere ist. Vorsicht! Wir wissen nicht, wie unser Gegenüber denkt, was etwas wie bewegt, wir stecken nur in unserer eigenen Haut, in unserer eigenen Welt.

Übertriebenes Harmoniestreben mit einer „Todo Bien“-Mentalität, führen keineswegs in die Erleuchtung, sondern nur in eine andere Art der Schattenbewältigung. (Bei mir z.b. in den übertriebenen Konsum von illegalen Substanzen und Alkohol.) Eine Person ist nicht gleich gefangen in einer passiven Opferrolle, wenn es ihr schlecht geht und sie auf irgendeine Art leidet. Wer über das Leiden reflektiert und Zugang zu den inneren Gefühlen erlangt, kann viel lernen und mitnehmen. 

Die eigenen Schatten zu erkennen und bewusst mit ihnen umzugehen, das ist das Learning.

Hilfe zur Selbsthilfe, lies dazu den Artikel Selfmarriage. Hilfe für Betroffene der Podcast „Sucht und Süchtig“. Lies auch meinen Artikel zum Alltag in der Tagesklinik.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Cookie Consent mit Real Cookie Banner